Warten mit Stein

Tag 1

Tag 2

Tag 3

Tag 4

Eigentlich wollte ich mich nur ein paar Minuten auf eine Bank setzen.

Irgendwann wurden aus den Minuten Stunden.

Ich wusste nicht, worauf ich eigentlich wartete.
Ich wusste nur, dass mich an diesem Stein neben mir irgendetwas so sehr faszinierte, dass ich weiter warten musste.
Und ich wusste: Das hatte etwas zu bedeuten.

Ich fing an, mich dabei zu fotografieren. Mein Warten hatte etwas Heiliges, etwas Bescheuertes, etwas Feines und etwas Skurriles. Es wurde zum Experiment, zur Performance, zur geistlichen Übung.

Und es wurde Abend.

Weil ich nicht das Gefühl hatte, fertig zu sein, wartete ich am nächsten Tag weiter.

Und am übernächsten. Und am Tag darauf.

Die Zeit ist mir zur Freundin geworden. Ich habe aufgehört, sie totzuschlagen.

Ich weiß noch immer nicht, worauf ich warte. Aber ich weiß, dass mich während des Wartens etwas gefunden hat.

Mitgeschriebenes

2. Tag, 3. Stunde
Vielleicht sollte ich damit beginnen, Dinge aufzuschreiben.

Ich weiß noch immer nicht, worauf ich warte.
Plötzlich viel zu viele Gedanken.
Denke nach, was ich aufschreiben sollte. Und was nicht.
Vielleicht doch keine gute Idee? …
Kann ich warten und schreiben?
Das Schreiben macht die Zeit so schnell und voll.

2. Tag, 4. Stunde
Idee: Pro Stunde höchstens 1 Seite schreiben. Das stört das Warten nicht. …

2. Tag, 5. Stunde
Ich ertappe mich, wie ich darauf warte, wieder schreiben zu dürfen.

Auch warte ich auf den Schatten. Er kommt näher.

2. Tag, 6. Stunde

Der Stein bleibt mir fremd. Zum Glück. Und vertraut.

Und Gott schied die Zufriedenheit von der Sehnsucht. Und er nannte die Zufriedenheit Sein und die Sehnsucht Werden.
Der Stein beginnt zu schweigen.

3. Tag, 2. Stunde

Wird es mich finden, wenn ich aufhöre zu suchen?
Es hat begonnen.

3. Tag, 3. Stunde

Ich warte mich von Minute zu Minute. Immer in der Erwartung, dass es gleich aufhören könnte.

3. Tag, 4. Stunde

Das Warten ändert sich noch immer. Ich fange von vorn an.

3. Tag, 5. Stunde
Eine Wespe ändert dreimal pro Sekunde ihre Flugrichtung.

3. Tag, 7. Stunde
Es dämmert.
Die Zeit verschwindet.

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