Wernau // Moria // Bethlehem

Vor wenigen Tagen habe ich eher zufällig eine Tatsache festgestellt, die mich sehr berührt und betroffen gemacht hat: Von hier aus betrachtet liegen Bethlehem und das Flüchtlingslager vor Moria in derselben Richtung.

Auf einer Wiese vor meiner Heimatstadt Wernau habe ich ein Schild aufgestellt. Es sieht zwar unordentlich und provisorisch aus, aber es ist genau justiert.

Verbindet man dieses Schild mit dem Ort, an dem der Erzählung nach Jesus geboren wurde, verläuft die direkte Verbindung weniger als 100 Meter an dem Flüchtlingslager vorbei.

Wir können im Advent und an Weihnachten nicht nach Bethlehem schauen, ohne auf Moria zu blicken. Wenn wir den Blick nicht öffnen für die Menschen in Moria, werden wir auch den Ort nicht sehen können, an dem Gott und Mensch eins ist. Das eine kann nicht ohne das andere gesehen werden: Gott und Mensch. Bethlehem und Moria.

Das hat auch etwas Tröstendes. So hilflos und wütend mich die Not der Menschen macht, ich weiß jetzt auch: Bethlehem liegt genau hinter Moria. Als Christ darf ich durch Moria hindurchschauen. Ich sehe hinter dem Lager auch den Stall und hinter den Kindern im Lager sehe ich Gott selbst. Ich sehe, dass in Bethlehem und in Moria Menschen keine Herberge finden konnten und in provisorischen Unterkünften auf freiem Feld leben mussten. Und es interessiert mich dann auch nicht mehr, wer hier etwas falsch gemacht hat: Die Menschen im Lager, die EU, die Schlepper, die Kriegstreiber, Kaiser Augustus, Herodes, die Menschen von Bethlehem. Ich sehe dann nur: Es ist unwürdig. Dass 13.000 Menschen auf 6 Hektar leben müssen. Über Jahre hinweg. Dass ein Kind in eine Krippe gelegt werden muss, weil keine andere Unterkunft zu finden ist. Das ist menschenunwürdig. Gottesunwürdig.

Und deswegen glaube ich trotzdem. An Gott. An die Menschlichkeit. Und dass beides auf einer direkten Linie liegt.

#keinWeihnchteninMoria
#leavenoonebehind

6 Kommentare

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Ja, das ist schon merkwürdig, dass man „das Kindlein im Stall in einer Krippe liegend“ als heimelig und friedlich empfindet. Das Unheile gaaanz weit weg, in einer fremden, exotischen Kultur.
Ganz daneben ist es nicht, das Heile im Unheilen zu sehen. Aber das Unheile auszuschliessen ist ist ja nicht gerade die Weihnachtsbotschaft, sondern, aus der Sicht der verwöhnten Mitteleuropäerin: entdecke das Unheile im Heilen!

Ja, genau in dieser doch für uns verwöhnte Europäer denken wir in einer schwierigen Zeit leben zu müssen.
Wir haben ein Dach über dem Kopf, wir haben Wasser wann immer wir den Wasserhahn aufdrehen, wir haben eine Heizung, und wir haben reichlich und genügend zu essen.
Wir dürfen Weihnachten feiern.
Allen ein besinnliches Weihnachtsfest

Danke, liebe Verena, es ist sehr bewegend – erschütternd geradezu.
Die Armen in den Blick zu nehmen – die direkte „Linie“ zu Weihnachten.

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