Unerzählungen

Ich habe den Krieg nicht erlebt. Aber immer wieder habe ich Fetzen von Erzählungen aufgeschnappt.

Heute habe ich einige davon aufgeschrieben und in Wachs gegossen.

Inspiriert von Andrea, Doro, Annette und Birgit in der Atelierkirche zum Tag der Befreiung.

Halb erzählte Geschichten meiner Großeltern. Randbemerkungen der Erwachsenen. Von der Pistole, die entschieden hat, ob er oder ich. Von dem letzten Brief an die Schwiegereltern: „Hiermit gebe ich euch eure Tochter zurück!“. Vom Dorf, das tuschelte, sie hätte sich „den Arsch an der Flak gewärmt!“. Von ekligen Soldaten, auf deren Schoß sie sitzen musste. Mit Läusen im Bart. Von der Stimme, die so laut geschrien hat, dass sie ein Leben lang heißer war. Von der Dose im Stacheldraht. Vom Wachturm. Vom Hunger. Vom Russen, Vom Engländer. Vom Franzosen. Vom Nachbar. Vom Bruder. Von der Tochter.

Dazwischen die Geschichten, die nicht erzählt wurden. „Was dann kam, wissen wir!“, und „Uns war klar, was das heißt.“

Und die Geschichten, von denen niemand weiß: „Er kam einfach nicht wieder!“, „Das war das Letzte, was ich hörte!“ und „Er wurde nie gefunden!“

Ich kenne Erzählungen vom Krieg. Aber wie viel ist unerzählt!

Unerzählungen.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.