Mut in Farbe

Es fängt ganz klein und vorsichtig an. Immer mehr Menschen machen mit. Wir stacheln uns gegenseitig an und stärken uns den Rücken. Es wächst. Und wir mit ihm.

Mut eben.

Phase 1: Aschermittwoch bis Ostern

Einige Wochen bevor die Corona-Krise Deutschland erreicht, überlege ich mir, wie ich die 40 Tage Fastenzeit verbringe, um mich auf Ostern vorzubereiten.
Ich beschließe folgendes Experiment:

Meine Spielregel für die Fastenzeit 2020

  • Schreibe jeden Abend mit weißer Ölkreide das Wort „Mut“ auf eine Postkarte. Übermale das Wort mit Wasserfarbe.
  • Hänge am Ende der Fastenzeit den gesammelten Mut in der Öffentlichkeit auf, damit Passant*innen ihn pflücken und mitnehmen können.
  • Frage andere Menschen, ob sie mitmachen oder Ähnliches machen wollen.

Erste Mut-Proben

Warum mach ich das?

Weiß ich noch nicht. Muss ich noch rausfinden.
Im Moment weiß ich so viel: Ich will sehen, wie unterschiedlich Mut aussehen kann.
Das Wort wirken lassen.
Suchen.
Hören.
Sagen.
Teilen.

So entsteht ein wachsender Vorrat an Mut:

Gründonnerstag Nacht

Als ich merke, wie wichtig mir und anderen das Sammeln von Mut geworden ist, entschließe ich mich zu einer besonderen spirituellen Übung: In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag sammle ich in der leeren atelier:kirche von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Mut. Ohne Leistungsdruck, ohne eine bestimmte Menge zu erreichen, mit den Gedanken immer wieder bei bestimmten Menschen, irgendwann automatisch, loslassend, in Trance, fremd, ohne noch zu verstehen, was ich tue oder was „Mut“ bedeutet, dann doch wieder in einer tieferen Weise erahnend, weiter, ohne Fragen. Mut.

Im Zeitraffer

Diese Übung hat mich auch darüber nachdenken lassen, wie Mut und Kreuz zusammenhängen.


Phase 2: Ostern bis Pfingsten

Nachdem ich die Fastenzeit über Mut gesammelt habe, teile ich ihn jetzt. Mut bricht aus.

Mutausbruch 1:

Mut überm Fluss. Mut im Wind. „Nehmen Sie Mut mit. Zum Dabeihaben. Zum Weitergeben!“

Mutausbruch 2:

„Sie haben soeben eine Portion Mut gefunden. Dieser Mut wurde am 20.04.2020 für sie hier deponiert.“

Mutausbruch 3:

Nadine und ich lassen Mut regnen. Oder schweben. Fäden aus Mut verbinden oben und unten. Niemand kann die Kirche betreten, ohne durch Mut zu gehen.


Phase 3: Nach Pfingsten

Stuttgart, im Haus der katholischen Kirche: Mut in allen Farben und Handschriften, zum Mitnehmen, Weitergeben, Teilen.
Herzliche Einladung: Bedient euch. Bevorratet euch. Ohne Scheu auch in übermäßigen Mengen und in unvernünftigem Maß!


Was passiert?

  • Noch bevor es losgeht, haben sich ganz viele Menschen gemeldet, die mitmachen wollten: So viele Mutmacher*innen.
  • Plötzlich tritt die Corona-Krise in den Vordergrund. Was heißt Mut in Zeiten der Ansteckung?
  • Immer mehr Menschen machen an immer mehr Orten mit. Sie teilen Mut auf die unterschiedlichsten Arten. Ich beginne den Überblick zu verlieren. Zum Glück. Und ich staune. Es macht mir selber Mut: Mut breitet sich aus. Vielleicht ist es das, was wir gerade besonders brauchen.
  • An vielen Stellen zeigen Menschen Mut und erzählen von dem Projekt: Berichte über Mut in Farbe.

Danke an Markus Scheifele und Nadine Maier fürs Inspirieren und Unterstützen und an Anna Funk fürs Aushecken und Organisieren.


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