Ruß und Papier

Karfreitag

Ruß über Gold.
Lass den Staub sich drüberlegen.
Lass eine feine Schicht von mattem Schwarz
einfach alles zudecken, was früher einmal glänzte.
Fass die Haut nicht an.
Lass den Staub ihn begraben.

Ostern

Ihr sucht Jesus? Er ist nicht hier! Seht die Stelle, wo er gelegen hat!

Ich habe den mit Ruß überzogenen Korpus in Papier eingeschlagen.

Der Gekreuzigte. Es ergeben sich konträre Bilder, Negative, Abdrücke, Spiegelbilder, Perspektiven. Was bleibt?  Manchmal ist nicht klar, ob um eine konkave oder konvexe Skulptur handelt.

Der Auferstandene. Ein sprachlicher Abdruck. Konkave Wörter für eine konvexe Realität. Ein konträres Bild. Was bleibt? Ein leeres Grab und weißes Leinen, an dem Ruß haftet. Und eine paradoxe Gewissheit jenseits aller Perspektiven und Spiegelbilder.

5 1/2 Jahre später

Einige Jahre hängt das Papier im Esszimmer. Dann will ich es abhängen, denn es ist schon leicht vergilbt und staubig geworden. Aber der Ruß auf der Rückseite ist nach wie vor zart und fein und verwischbar. Es fasziniert mich von Neuem: Ruß und Papier und Zeit.

Inspiriert von Robby Höschele und von Dorothée Böcker.

Das Gesamtprojekt „korpus“ ist hier.