Manchmal stelle ich mir nachts vor, wie es wäre, einen vierdimensionalen Würfel zu falten. Mein Ergebnis:
Es ist unmöglich, einen vierdimensionalen Würfel zu falten. Aber abgesehen davon ist es ganz einfach.
Die Hauptschwierigkeit liegt eigentlich nur darin, durch die Ecke eines 3D-Würfels eine vierte Kante zu ziehen, die auf alle drei bestehenden Kanten gleichzeitig senkrecht steht.
In der Ecke eines normalen 3D-Würfels treffen sich 3 rechte Winkel. Man könnte drei Geodreiecke anlegen. In der Ecke eines 4D-Würfels kann man hingegen 6 Geodreiecke anlegen. Drei davon sind für uns unsichtbar, weil sie im rechten Winkel zu unserer Realität stehen. Man könnte auch 3 „Geopyramiden“ anlegen. Das wäre so etwas wie halbierte Würfel, oder wie drei zusammengeklebte Geodreiecke – also keine Pyramiden im strengen Sinn. Von diesen Geopyramiden wäre immer nur eine in unserer Welt sichtbar. Von den anderen beiden sehen wir immer nur zwei der drei Außenseiten.
Was zudem ein bisschen tricky ist: Man muss nicht nur um die Ecke denken, sondern um die Kante. Weil man nicht nur um die Kante faltet, sondern um die Fläche.
Faltet man nämlich einen gewöhnlichen 3D-Würfel aus Papier, knickt man ja immer wieder zwei Quadrate (quasi die platte Version eines Würfels) an der Kante, an der sie sich berühren. Und zwar so, dass eine der beiden Flächen dann nach oben zeigt, wenn man die andere auf den Esstisch legt.
Beim Falten eines 4D-Würfels macht man im Grunde dasselbe. Man knickt 3D-Würfel (quasi eine platte Version eines 4D-Würfels) an der Fläche, an der sie sich berühren. Und zwar so, dass der Raum eines der Würfel im rechten Winkel in eine Richtung zeigt, für die wir leider noch keinen Namen haben, wenn man den anderen Würfel ins Esszimmer stellt.
Anders ausgedrückt: Beim gewohnten Falten eines 3D-Würfels macht man Knicke in Flächen. Dabei entstehen Kanten. Und dort, wo Kanten sich treffen, entstehen natürlich Ecken. Bei alledem werden die Quadrate nicht in sich verbogen. Sie bleiben flache Flächen. Auch die Kanten werden nicht gekrümmt. Sie bleiben gerade Geraden.
Beim Falten eines 4D-Würfels macht man Knicke in einen Körper. Dabei entstehen Flächen. Und dort, wo die Flächen sich treffen, entstehen natürlich Kanten (und dort wo die Kanten sich treffen, entstehen Ecken). Bei alledem werden die Würfel nicht in sich verzerrt. Sie bleiben räumliche Räume, auch die flache Flächen und gerade Geraden werden nicht gekrümmt.
Am Ende stehen dann Räume senkrecht aufeinander.
Ein 4D-Würfel hat 16 Ecken, 32 Kanten, 24 Seiten und 8 Außenkörper.
Würfelt man mit einem gewöhnlichen Würfel, landet er so, dass von oben betrachtet immer eine Seite sichtbar ist. Man würfelt irgendeine Zahl zwischen 1 und 6.
Würfelt man mit einem 4D-Würfel (im vierdimensionalen Raum), landet er so, dass von unserer Realität aus betrachtet immer einer der 8 Würfel sichtbar wird. Und von ihm zeigt eine der insgesamt 24 Flächen nach oben. Man würfelt eine Zahl zwischen 1 und 24. (Dabei gehört nebenbei erwähnt jede Fläche immer zu zwei Würfeln gleichzeitig. Man kann es sich so vorstellen – oder auch nicht -, dass an jedem der sechs Seiten eines Würfels ein weiterer Würfel klebt, der von hier aus gesehen aber in einer anderen Dimension liegt. Und dann noch ein weiterer Würfel, der gegenüberliegt. Alles in allem also: Ein Würfel, der auf dem Tisch liegt, an jeder Seite ein weiterer und gegenüber noch einer, also 8.)
Soweit die Theorie. Jetzt zur Praxis.
Vor dir befinden sich 8 Würfel. Sie liegen noch „flach“ im 3-dimensionalen Raum. Falte den vordersten Würfel nun so in die vierte Dimension, dass die Fläche 1 auf die Fläche 1 trifft. Dabei klappst du den vorderen Würfel nach oben. Wichtig ist dabei nur, dass er die bestehende Verbindung zum mittleren Würfel beibehält. Wenn du es richtig machst, stülpt sich der vordere Würfel in die vierte Dimension um und verlässt unsere Realität. Fläche 19 des inneren Würfels wird sichtbar.
Anders betrachtet: Fläche 19 ist das Einzige, was aus deiner Perspektive vom vorderen Würfel jetzt noch sichtbar ist. Du schaust nämlich genau senkrecht auf den Raum, in dem er sich jetzt befindet, und von hier aus sieht der Raum nun mal wie eine Fläche aus.
Nun wandere einen Würfel nach rechts – gegen den Uhrzeigersinn – und falte auch den rechten Würfel so nach oben, dass er sich ebenfalls in die vierte Dimension umstülpt und Fläche 2 auf Fläche 2 trifft. Wenn du es richtig gemacht hast, berühren sich in einer anderen Realität automatisch die beiden umgestülpten Würfel an Fläche 5. Zugegeben: Das ist jetzt etwas schwer nachprüfbar. Aber wenn der Würfel unsichtbar geworden ist (bzw. Fläche 20 das Einzige ist, was hier noch von ihm übrig ist), kannst du mal davon ausgehen, dass es geklappt hat.
Verfahre mit dem hinteren und schließlich mit dem linken Würfel ebenso. Fläche 3 auf 3 und 4 auf 4. Dabei treffen automatisch Flächen 6 auf 6, 7 auf 7 und 8 auf 8.
Sichtbar sind in deinem dreidimensionalen Raum noch vier Würfel.
Das Erstaunliche: Du bist schon so gut wie fertig. Nur noch ein Schritt:
Falte die Seite, die jetzt nach unten schaut (Fläche 17) nach oben, so dass sie auf die Oberseite trifft. Das ist so als würdest du eine Socke auf links drehen. Ziehe also das unterste Quadrat, quasi die Bodenfläche leicht auseinander. Führe die untere Vorderkante nach vorne und die untere Hinterkante nach hinten. Gleichzeitig dasselbe rechts und links und dann ziehst du die Würfelsäule von unten nach oben auf links. Automatisch trifft dabei zuerst der unterste Würfel auf die vier Würfel, die du bereits in die vierte Dimension gefaltet hast. Stülpe immer weiter um, bis auch der zweitunterste Würfel auf diese Würfel trifft und in einem anderen Raum letztlich Fläche 9 auf 9, 10 auf 10, 11 auf 11 und 12 auf 12 treffen. Gleichzeitig haben Flächen 13 bis 16 Kontakt. Dann kannst du einfach loslassen, so dass der untere Würfel sich nun endgültig umstülpt und du aus deinem dreidimensionalen Raum beobachten kannst, wie sich die Unterseite sich auf die Oberseite legt (Kleber unbedingt vorher anbringen).
Übrig bleibt der oberste Würfel mit den Seiten 1, 2, 3, 4, 17 und 18. Er bildet das Außenvolumen, also den äußersten dreidimensionalen Körper des nun vierdimensionalen Gebildes und ist einer von zwei Körpern, die in den Dimensionen Breite, Höhe und Tiefe liegen. Der andere Würfel, der ebenfalls eine Breite, Höhe und Tiefe besitzt hat die Flächen 9, 10, 11, 12, 23 und 24 (ursprünglich der zweite von unten). Er ist aber nicht sichtbar, weil er in der vierten Dimension um eine Kantenlänge versetzt liegt. Er befindet sich vierdimensional gegenüber.
Die anderen Würfel haben eine Breite, eine Höhe und einen weiteren Wert, beziehungsweise eine Breite, eine Tiefe und einen weiteren Wert, beziehungsweise eine Höhe, eine Tiefe und einen weiteren Wert und liegen sich jeweils in der nicht enthaltenen Dimension gegenüber.
Ob das alles so stimmt, weiß ich nicht. Ich stelle es mir aber so vor. Und dann schlafe ich ein.
Spezialfragen
Frage: Wie weit sind zwei gegenüberliegende Ecken voneinander entfernt (Luftlinie)?
Antwort: Genau zwei Kantenlängen. (Beim 3D-Würfel 1,74 Kantenlängen.)
Frage: Wie schwer ist ein 4D-Würfel?
Antwort: Wenn er sozusagen 4D-„hohl“ ist, also die acht Würfel sozusagen seine „Haut“ bilden, dann wiegt der 4D-Würfel so viel wie acht 3D-Würfel. Wenn er aber ausgefüllt ist, passen in ihn unendlich viele 3D-Würfel. 3D-Würfel sind so etwas wie seine Schnittflächen. Er wiegt also unendlich viel.
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