Ein Impuls von Christina Costanza zu „Himmel zum Mitnehmen“

Im Sommer 2013 hab ich Fotos vom wolkenlos blauen Himmel über Wernau am Bahnhof aufgehängt. Zum Mitnehmen.

Gestern erreichte mich eine Nachricht von Christina Costanza, die einen Impuls dazu verfasst hat. Hat mich sehr berührt. Danke! Hier ihr Text:

 

Ein Bahnhof in einer Kleinstadt, an einem Werktag. Menschen gehen, eilen, schlendern durch die Eingangshalle. Einige bleiben stehen, vor den Wänden. Dort hängen 156 Fotos in Postkartengröße. Man darf sie mitnehmen, steht auf einem Plakat. Manche Menschen schauen nur, einige ganz kurz, andere sehen sich jedes Foto genau an. Und einige nehmen ein Foto in die Hand, halten es fest beim Weitergehen. Stecken es in ihre Tasche. Auf den Fotos: Himmel. Blau. Manchmal dunkelblau, manchmal fast weiß. Manchmal blaugrau von Wolken. 156 x Himmel über der Kleinstadt, vom Fotografen zu verschiedenen Tageszeiten und in verschiedenen Jahreszeiten fotografiert. 156 x Himmel, nach einigen Stunden in den Händen und Taschen, auf den Schreibtischen und an der Wand von Menschen, die sich den Himmel mitgenommen haben. Zum Anschauen, zum Weiterverschenken, zum Behalten.

Sie war im Gefängnis, über ein Jahr lang, damals in der DDR. Den Mächtigen hat es nicht gepasst, dass sie so unangepasst war. „Manchmal hat mich eine Wärterin angefaucht, ich solle mitkommen“, erzählt sie mir aus dieser Zeit. Und dann ging es durch doppelt verriegelte Türen, durch Gänge bis hinaus in den Hof, umgeben von Mauern. „Und da hat sie mich dann stehen lassen, die Wärterin. Manchmal eine Stunde lang. Damit ich wenigstens mal den Himmel sehen kann.“ Und ich denke daran, wie mir jemand anders mal erzählt hat, was er manchmal macht, wenn ihm alles zuviel wird. Die Anforderungen in Beruf und Familie, die eigenen Vorhaben, der Zeitdruck, all das. Dann geht er kurz nach draußen, nicht zum Rauchen, einfach so. Stellt sich eine Minute lang hin und schaut nach oben in den Himmel. Um sich daran zu erinnern, dass er ein Gotteskind ist. Und dann kann es weitergehen. Sagt er.

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„Aus dem allen folgt der Beschluss (sagt ein anderer, Luther, im Jahr 1520): Ein Christenmensch lebt nicht in sich selbst, sondern in Christus und seinem Nächsten, in Christus durch den Glauben, im Nächsten durch die Liebe. Durch den Glauben fährt er über sich in Gott, aus Gott fährt er wieder unter sich durch die Liebe und bleibt doch immer in Gott und göttlicher Liebe, wie Christus Johannes 1,51 sagt: ‚Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes hinauf und herab fahren auf des Menschen Sohn.’ Siehe, das ist die rechte, geistliche, christliche Freiheit, die das Herz frei macht von allen Sünden, Gesetzen und Geboten, welche alle andere Freiheit übertrifft, wie der Himmel die Erde. Gott gebe uns, das recht zu verstehen und zu behalten.“

Den Himmel offen sehen. Immer wieder, zwischendurch. Macht das Herz frei und die Sinne und den Kopf. Amen.