nichts erreichen müssen

Meine Spielregel: Ich klebe ein Tesakrepp auf den Boden. Ich muss dabei nichts erreichen. Ich darf langsam sein. Ich darf Pausen machen. Ich darf alles liegen lassen und gehen. Ich darf wiederkommen und weitermachen. Ich mache es in einer Kirche.

Dezember 2019 / Januar 2020

Zweimal habe ich das jetzt schon gemacht. Zuletzt habe ich am 10. Dezember 2019 begonnen und bin noch dabei. Immer wieder ein paar Zentimeter. Meist nur ein oder zwei pro Minute. Nach einer Stunde gehe ich wieder. Manchmal auch schon nach 5 Minuten. Während eines Gottesdienstes ist das Klebeband, das am Boden lag, gerissen. Da ich ja eh nichts erreichen muss, war das auch nicht tragisch. Ich mach weiter. Bis jetzt seit einem Monat.

Bilder von einem Monat Kleben:

März 2018

Und so hat das Spiel beim ersten Mal begonnen:

Ich habe Tesakrepp auf den Boden der Kirche Sankt Michael in Wernau geklebt. Ohne Eile und ohne Ziel. Nach 15 cm hab ich eine Pause eingelegt.

Das war ein seltsames Gefühl. Denn: Noch hatte ich nicht viel geleistet. Andererseits: Es gab ja nichts zu erreichen und ich war niemandem Rechenschaft schuldig. Nach ein paar Minuten machte ich weiter und ließ mich überraschen, wohin der entstehende Weg mich führen mag. Nach wenigen weiteren Zentimeter ruhte ich mich wieder aus. Nicht, dass es anstrengend gewesen wäre, aber ich hatte Lust dazu.

Ich klebte über mehrere Wochen hinweg und nannte die entstehende Linie „Weg (unvollendet)“.

Dann, irgendwann an einem Abend habe ich das Klebeband von hinten her wieder aufgerollt.

Jetzt frage ich mich: Ist der Weg fertig? Vollendet? Wohin hat mich dieses Spiel geführt? Warum kostet es mich Überwindung, mir Pausen zu erlauben? Ist der Weg ist noch da? Wenn ja, in was hat er sich verwandelt? Wie hat er mich verändert?

Will ich zu viel erreichen?