Advent

 

1. Advent „Sehnsucht“

In der Kirche St. Albertus Magnus in Esslingen ist Stacheldraht so positioniert, dass im Advent die üblichen liturgischen Wege „gestört“ sind. Eine Installation als Adventsimpuls zusammen mit Pfr. Markus Scheifele.

 

Kann hinter all dem Leid Gott stecken?
Kann das Reich Gottes existieren, wenn die Welt zusammenbricht?

Angst, Schmerz und Zweifel bilden einen Stacheldraht um das Reich Gottes. Manchmal sind sie eine unüberwindliche Wand. Sie markieren eine Grenze. Für Menschen. Weder vom Verstand her zu durchdringen, noch emotional zu überwinden. Das Reich Gottes befindet sich hinter der Stacheldraht-Grenze aus Leid. Die Frage nach Kummer und Leid wird nicht beantwortet. Im Gegenteil!

Dieses Gleichnis-Bild stellt die Frage ganz massiv, warum Gott das Leid zulässt, warum er sich hinter einer Stacheldraht-Grenze befindet. Aber gleichzeitig ändert es den Blick: Das Leid ist nicht das Letzte.

HINTER diesem Stacheldraht beginnt ein neues Herrschaftsgebiet. Das menschliche Leid ist nicht der Beweis, dass Gottes Reich nicht existieren kann, es ist der Beweis, dass wir uns im Grenzgebiet befinden. Und es ist der Beweis, dass wir aus eigener Kraft die Grenze zum „Jenseits hinter dem Leid“ nicht überwinden können. Was bleibt? Sehnsucht nach einem Ort hinter dem Leid.

(M. Scheifele / S. Schmid)

 

Impuls

es ist da
es ist schon
es ist mitten unter uns

doch noch nicht
immer noch ausbaufähig
nicht erreichbar

es lässt sich finden
lässt sich anblicken
im Hier und Jetzt

doch in der Ferne
das Mehr
verschwommen und weit weg

eine Grenze,
schmal und voller Hindernisse
eine Grenze,
durchlässig für die Hoffnung
eine Grenze,
die zugleich Sehnsucht ist

es ist da
es ist schon
und doch noch nicht
(M. Scheifele)

 

2. Advent „Eine Stimme ruft in der Wüste“

Die Installation in der Kirche St. Albertus Magnus in Esslingen wandelt sich von Sonntag zu Sonntag. Eine Stimme ruft in der Wüste.

„Eine Stimme ruft in der Wüste: Das Reich Gottes ist nahe!“ Wüste (Sand) – Stimme (Schild) – Lebensfeindlichkeit (Stacheldraht). Wüste ist eine Grenzerfahrung. Johannes geht an die Grenzen. Dort wird ihm besonders deutlich: Das Reich Gottes ist nahe. Warum in der Wüste? Warum nicht in den Dörfern, in der Stadt, im Tempel, auf dem Marktplatz? Dort wo es gefährlich ist, dort wo es Menschen nicht leicht haben, dort wo Dinge quer liegen, dort wo etwas weh tut, dort wo es nicht mehr weitergeht, da sucht Johannes das Reich Gottes – also: Kehr um. Geh an deine Grenzen. Spring über deinen Schatten! Das Reich Gottes beginnt dort, wo du an die Grenzen gehst, … und sie dann überschreitest. Das Reich Gottes beginnt dort, wo andere an ihre Grenzen stoßen. Das Reich Gottes IST eine Grenzerfahrung.

(M. Scheifele / S. Schmid)

 

 Impuls

Ein Schrei, Ein Ruf,
verstummt in den Wüsten,
in den Wüsten meines Alltags.

Ein Schrei, Ein Ruf,
führt mich heraus, schafft Neues,
will einfach nur gehört werden.

Ein Schrei, ein Ruf,
nicht verklungen,
weder im Raum, noch in der Zeit.

Ein Schrei, ein Ruf,
führt mich über die Grenze,
ist Grenzerfahrung pur.

Ein Schrei, ein Ruf,
„Das Reich Gottes ist…“

(M. Scheifele)

 

 

3. Advent „Leben“

Es muss doch was Wahres dran sein: Kinder sehen das Reich Gottes leichter (und haben einen unbefangeneren Umgang mit zeitgenössischer Kunst). Während sich so manche Erwachsene fragen, was die Installation auf den Altarstufen in St. Albertus Magnus in Esslingen mit dem Advent und dem Reich Gottes zu tun hat, haben es die Kinder kurzerhand klar gemacht. Zwei Beobachtungen:  1.) Die Erstkommunionkinder sollten Haftnotizen mit dem Wort „Gott“ irgendwo im Kirchenraum aufhängen, wo für sie Gott zu finden ist. Und wo haben sie es hingeklebt? Nicht an den Altar, nicht zum Kreuz, sondern dort, wo zwischen dem Stacheldraht im trockenen Sand Pflanzen wachsen, dort fängt das Reich Gottes an. 2.) Nach dem Gottesdienst wollte ein Kind genau das machen, was man als Kind mit Sand halt so macht: Sandeln. Was für ein Reich Gottes wäre wohl entstanden, wenn die Erwachsenen nicht erklärt hätten, dass man das nicht anfassen darf?

So also die Gedanken der Kinder. Hier noch unsere dazu:

 

Wer sich irritieren lässt, kann neues entdecken.
Als am ersten Advent plötzlich Stacheldraht vor dem Altar lag, war das irritierend. Da lag etwas quer zur Routine, und nicht nur die Ministranten mussten genau hinsehen und neue Wege gehen. Als Johannes in der Wüste vom Reich Gottes predigte, war das ebenfalls irritierend. Seine Botschaft lag quer zur Routine, und er forderte auf genau hinzusehen, umzudenken, umzukehren und neue Wege zu gehen.

Wer sich irritieren lässt, kann neues entdecken.
Wer genau hinschaut, sieht diese Woche zwischen Sand und Stacheldraht –Pflanzen. Da wächst Leben.
Wer sich von Johannes irritieren lässt, wird dasselbe entdecken:
Das Reich Gottes wächst schon.
Es lebt schon, blüht schon.
Es ist schon da!

Gottes Reich ist schon
hier bei mir
sehnsuchtsvoll
verborgen

Seine Stimme ruft
fordert  heraus
irritierend
stellt Leben in Frage

Seine Botschaft
Anfang oder Ende
Stillstand oder Neubeginn

Entscheidung

(M. Scheifele / S. Schmid)

 

4. Advent „Achtung“

Wo beginnt das Reich Gottes? Dort wo Achtung herrscht!

 

Impuls

Das Grenzgebiet der Sehnsucht halte wach in mir.
Das Grenzgebiet der Irritation mute mir zu.
Das Grenzgebiet des Rufes schenke mir.
Das Grenzgebiet der Achtung bleibe mir.

Achtung
Grenzgebiet
Reich Gottes

(M. Scheifele)

 

Verwandtes Projekt: reich gottes